Materialschlacht

Dienstag, 16. März 2010

...

Wenn alle Stricke reißen, flüchte frau sich in exaltierte Wachträume.
Gerade Frauen sind darin überaus erfahren.
Gestern traf ich eine, deren Leben (fast) wirkt wie im Märchen.
Von Neid will ich da nicht sprechen, eher von einer anstürmenden Welle übermäßigen Neids.
Andererseits muss auch sie jeden Tag von neuem aufstehen und unterscheidet sich darin nicht...

Montag, 27. Juli 2009

Operation am kalten Herzen

Zu: Thoams Glavinic, Das Leben derr Wünsche


Lange Zeit dachte ich, das geht schief, da hat einer zu viel Freud gelesen, da konstruiert er noch den nightmare als Wunscherfüllung, da verrennt er sich, der Glavinic, so wie sein Protagonist. Lesbar dennoch, ich folgte den Wirbeln. Fand einen sehr männlichen Erzählstil, eine männliche Perspektive, technisch noch bis in die Konkretion (Heizung nachfüllen, Autos, Schnellboot), Emotionen gegenüber konsequent hilflos rätselnd. Ausgeliefert einem Leben in minimaler Selbsterkenntnis.

Also muss sie von „Außen“ kommen, die Selbsterkenntnis, aus dem Wirken des mysteriösen Wunscherfüllers, der Jonas’ inneres Wunschgeflecht, diesem unbekannt, in die Welt zerrt und entwirrt, dafür diesen aber nicht weniger verwirrt.. Oder doch alles nur Zufall, wer kann das wissen? Der Protagonist jedenfalls nicht – und der Autor mag ihm nicht zu Hilfe kommen. Denn er, der Autor, hat ja Jonas hingestellt, und ist selbst der experimentierende Alchemist mit den Wünschen. Welche Wünsche kann einer haben, der ein ganz normales, eher doch langweiliges Leben führt, unperfekt, aber nicht wirklich unzufrieden? Und so katapultiert in einer Art doppeltem Spiegelverhältnis der Autor aus seiner Figur heraus, was mit ihr geschähe, wenn…

Seltsam leblos wirkt das oft, nicht nur an den geisterhaften Stellen lückenfüllenden Surrealismus’mit Untoten, auch sonst. Das Leben der Wünsche ist gar kein Leben, das Leben besteht auch aus Widerstand und Veränderung (der Wünsche selbst) und Konfrontation mit Unerwünschtem – und wahrscheinlich, das Buch legt das nahe: Aus Verzicht, um der Menschen willen, die konsequente Wunscherfüllung eines Einzelnen kommt ohne eine Anhäufung von Leid bei anderen nicht aus. Passend dazu erscheint die Vorstellung Jonas’, dass vielleicht die anderen gar nicht wirklich leben, denn ihr Schmerz hat keinen Sinn. Ihr Schmerz hat keinen Sinn, stört ihn aber auch nicht. Auch das eine konsequente, prototypische männliche Perspektive – diese Wünsche sind fürsorge- und empathiefrei. Die Kinder versorgt wissen wollen, aber nicht versorgen wollen, die Geliebte haben wollen, aber deren Bedürfnisse in keiner Sekunde erkennen wollen.

Und so funktioniert die Konstruktion dann doch: Das Leben als radikale Wunscherfüllung eines, der nie nahe kommt den anderen – da hat die Geliebte am Ende eben die Bedürfnisse, die er auch hat und da sind die Kinder beschwerdefrei gut versorgt. Da fallen Späne zwischendrin, wo gehobelt wird. Und da ist auch das Ende nur konsequent: wunschlos glücklich er, die anderen nicht wichtig, muss der Vorhang fallen. Im Film: der Abspann.

Und das ist dann doch alles Ideologie, Ideologie des Verzichts, klassischster Freud, der warnte, dass die Triebe, dürften sie alles, zerstörerisch wären wie sonst was, asozial eben. Und auch Glavinic schafft keine utopia reale, in der auch nur irgendein gemeinschaftliches Leben als glücklicheres hervorschiene. So bleibt es bei einer fulminant durchgearbeiteten Entsagungsliteratur, auf dem Grunde einer beklemmenden Kälte, die Eros mit Sex verwechselt und Menschen in ihrer Monadenhaftigkeit zeigt. Oder wie Adorno gesagt hat: Wir wollen alle geliebt werden, weil wir nicht lieben können.

Dienstag, 11. November 2008

Du Unbekannte

Mhm

Mhm

Ich habe mir gerade das letzte Bier dieses Haushaltes geholt – und habe es bewusst, also positiv willentlich getan. Die Steigerung des Alkoholspiegels als Feier, nicht als trübe Ambivalenz, sondern mit Absicht. Weil ich anscheinend feiern will.

Das Besondere an diesem Tag war, wie erstklassig unbesonders er war. Der Blick in den Terminkalender hat mich a) überrascht, b) zunächst erleichtert und c) nach dem heutigen Montag schon: erschreckt. Keine Termine, die ganze Woche. Natürlich gibt es die To-Do-Liste, die ich irgendwie in meinen PC hineingezwungen habe, dass sie sich jeden Morgen penetrant herausdämonisiert. Natürlich weiß ich, dass diese To-Do-Liste beharrlich ist und versöhnlich auch – und dass allein wegen des leeren Terminkalenders diese Woche ich ihr nicht mehr und nicht weniger Beachtung schenken werde, als ich ihr aus Zufällen heraus schenken werde.

Ich habe mehr oder weniger eine Woche zur freien Verfügung. Da ich mich als Selbständige deklariere und mit dem Mitbewohner in einer ständigen Darbietung des Tätigseins verbunden bin, wobei er tätiger ist als ich, das steht außer Frage, aber noch weniger Geld damit verdient als ich, ich andererseits dieser Tage auch nicht gerade behaupten kann, dass mit schierem Untätigsein allzu viel Geld zu verdienen ist, ist die klare Deklaration der Terminlosigkeit… ja was… völlige Nichtsnutzigkeit… oder Freiheit.

Diese Freiheit kenne ich nicht, ich weiß ja nicht geübt mit ihr umzugehen. Vielleicht ergreift sie mich doch, deswegen das Fest. Was ist dagegen zu sagen?

Beim Stricken vorhin habe ich begonnen, Lady Like von Ingrid Noll als Hörbuch zu hören. Da wird die Größe der Albernheit gefeiert, zwei alte ladies freuen sich jedes Mal darüber, wenn sie lachen können. Albernheit…

Langeweile… Langeweile und Albernheit: Zwei Schwestern? Heißt es eigentlich Muße, wenn man es kann, ist nicht das Kippen der modern-protestantischen Langeweile in die griechisch-heidnische Muße schon ein erstaunlicher Moment? Wenn man mitten im Leben sagen kann: Ich bin wirklich mal bar aller Pflichten, jedenfalls eine Woche lang. Muss man dann trübsinnig und von Ödnis angefressen werden … oder ist es eben ein kleines, feines Fest?

Wenn man sich im Urlaub langweilt, sagte mein Vater einmal, dann hat man sich erholt. Er sagte das nach meinem Korfu-Urlaub, der damals unserer war, aber eben ein vergangenes „unser“, und schon damals war es ja meine Langeweile und erst recht mein Gespräch mit meinem Vater. Wir hingen in einer Siedlung rum, es regnete dauernd in irgend einem Korfu-Herbst, die halbe Zeit habe ich Backgammon in einer Kneipe gespielt und eine weißhaarige Frau strich mir mit Worten einer unverstandenen Sprache sehr liebevoll übers Haar, was ich am eindrucksvollsten an diesem Urlaub fand. Gegen Ende der zähfließenden Tage sah man im kleinen Fernseher der Kneipe Panzer rollen in irgendeiner Stadt und aufgeregt deuteten die Alten in der Kneipe: Germany, Germany. Wir verstanden nur mit Mühe, es waren die Panzer in Ost-Berlin, die das Ende der DDR zusammenpanzerten, aber auch das, eigentlich ein Unding, mochte uns kaum aus der Korfu-Lethargie reißen.

Als wir zurück waren brüskierte ich den Damaligen damit, dass ich nur noch die Koffer hinknallte und zur studentischen Gruppe raste, und dies gewiss nicht hauptsächlich um die rollenden Panzer zu debattieren; ich hatte auf einmal eine unbändige Lust auf ALLES Zuhause. Soviel zum Thema Langeweile.


Wenn sie einen doch immer in den Zustand versetzte, morgens, plötzlich, behend aus dem Bett zu springen. Anstatt mit ihr trübe auf gleich zu gleich zu kommunizieren und Computerspiele zu "spielen".

Donnerstag, 16. Oktober 2008

Schneemann

Es ist sicher etwas paradox, zu sagen, ein Kriminalroman habe eine ausgesprochen lebendige Atmosphäre. Obwohl: Schließlich geht es ja gerade hier allen: den Opfern, den Tätern, den Verrückten und den Kranken eigentlich um das Leben Wollen – und die verzweifelte Gratwanderung, die damit zusammen hängt. Und diese Gradwanderungen wirken dank Jo Nesbos Fabulierkunst und Ideenreichtum ausgesprochen vital und temporeich. Unterschiedlichste Charaktere und verschiedene gesellschaftliche Milieus gehen immer neue Konstellationen ein. Und so ist die Aufklärung eines Kriminalfalls keineswegs eine geradlinige Ermittlung nach Indizien, sondern verschiedene zwischenmenschliche Verbindungen und Abgründe locken hier hin und dort hin, bevor in einem gut gemachten showdown dann der wahre Täter sichtbar wird. Die detailreiche und ausschweifende Handlung ist allerdings auch leider etwas sprunghaft. Und wer nicht gerade einen langen, ruhigen Sonntag auf der Couch zur Verfügung hat, um das Buch dort voll konzentriert in einem Rutsch zu lesen, kann leicht ins Schlingern kommen. Soviele Details werden viele Seiten später aufgegriffen, aber zuvor lange beiseite gelassen – und dann kann einen schon Mal das Gedächtnis im Stich lassen. (Andere wiederum scheinen so bedeutsam und sind es dann doch nicht, wie die Bezugnahme auf die US-Präsidentschaftswahl, wo man anfangs gar meint, es sei kein Zufall, dass der Titel jetzt in Deutschland rauskommt, wo wieder eine Wahl in den Vereinigten Staaten ansteht.) Jo Nesbo ist aber auf jeden Fall der Vertreter eines neuen, jungen und spritzigen skandinavischen Kriminalromans.

Sonntag, 24. August 2008

Schweinehund

Murakamis Buch über das Laufen ist die persönliche Geschichte obsessiver Disziplin, einem Paradox also.
Ich las ein Buch über das Sich-Überwinden als Lebenshaltung und komme selbst aus der größtmöglichen Blockade bei dringend zu erledigenden Arbeiten nicht hinaus.
Unlust, Unlust, Unlust - und das ist wohl ein Kreuz, das immer mal wieder den Menschen festnagelt. Eine Situation, die wir alle kennen. Das hätte ich Anna, meiner Mauerseglerin, die flügge werden will, noch zurufen können - vor der Beratungspause. Anna, das ist normal, das kommt immer wieder, es nervt, aber es gehört einfach dazu.
Murakami fragte, so gibt er Auskunft, mal einen Lauf-profi auf Olympianiveau, ob er sich denn auch immer wieder neu überwinden müsste und wurde von diesem ungläubig angestarrt, ob der blöden Frage: Ja natürlich, was sonst!
Mein Schweinehund und ich haben uns heute einen Tag jenseits des Wohlbefindens angehext. Kopfschmerzen und Magenprobleme erstzen mittlerweile das banale schlechte Gewissen.
Wenn man schon zu blöd ist zum Arbeiten, sollte man es sich wenigstens gut gehen lassen. Aber so läuft (!) das nicht.

Mittwoch, 21. Mai 2008

Zur brutalen Literatur....

Was in der Wirklichkeit schrecklich ist, kann in der Kunst bezaubern.

(Aristoteles)

Sonntag, 6. April 2008

So verschieden wir tun

in der Sexualität sind wir alle gleich.
????
Ein Zwischenreich, das irgendetwas "Unmenschliches" hat?
???
Ich war im Film Tapas - gut!- dnach wild geträumt.

Donnerstag, 13. März 2008

Tagesauslese

Ein Interview mit Terezia Mora gehört... überhaupt die Freuden des podcast ebtdeckt... Doppelkopf hr 2...
Das Freudvolle verhindert immer die Reflexion...
So ist es auch jetzt!

***
Vor Mitternacht gehe ich ins Bett, immerhin!

Dienstag, 27. März 2007

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Wodka und Nougateier
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