feine texte

Montag, 1. September 2008

Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht

Als ich das Buch zuklappte dachte ich genießerisch: Ein wirklich süßes Buch. Und ich hoffe, das Wort „süß“ klingt nicht ehrenrührig für die kleine, aber großartige Spielerei, die Jakob Hein hier geschaffen hat. Als Märchen-im Märchen-im-Märchen werden die sinnsuchenden Sehnsüchte der Menschen aufgeklappt. Märchen sind das für staunende Erwachsene, in denen die Welt auseinander- und zusammengepuzzelt wird. Der Mensch kann nicht anders – und findet doch das Glück: In der perfekten Tasse Milchkaffee, dem perfekt zubereiteten Tee oder … der Frau, die wiederkommt, um mitzugehen. Da die Abschaffung des Mangels: durch Milchkaffe und glückvolle Liebe nicht immer gegeben ist, ist der Mensch der perfekte, unermüdliche Sucher. Und wie weit er es bringen kann: Im Finden und Wissen! Von der Ökonomie der kleinen Geschäftsideen bis zur platonischen Kugel reicht die blitzgescheite, kurzweilige Erörterung, die Jakob Hein seinen Figuren in den Sinn kommen lässt. Dabei entdeckt er den Menschen als den, der nicht mehr er selbst wäre, hätte er nichts mehr zu ergründen und zu ersehnen.
Jakob Hein ist eine Entdeckung für mich, ich werde sein Schaffen im Auge behalten.

Montag, 25. August 2008

Schrei nach Stille

Dieses Buch ist vor allem eins: wirklich perfekte, fesselnde Unterhaltung.

Anne Chaplet liebt es, zu erzählen, zu fabulieren und vermag es, Situationen lebendig erstehen zu lassen. Nie tritt das Buch auf der Stelle, es schwenkt von Personenkonstellation und Ort zu den nächsten und liest sich so ganz wunderbar in einem Rutsch.
Irgendwann, irgendwo hat sich die Autorin mal geäußert, ihr sei die Einordnung in Genres etwas fremd. Und so liest sich dieser Krimi auch streckenweise so, dass man den Krimi fast vergisst: Wie eine Art Gesellschaftskomödie zwischen Stadt und Land, es geht den Menschen wie de Leut – und wie gesagt, dies alles sehr leichtfüßig erzählt, bisweilen amüsant.

„1968“, the summer of love, verleiht dem Buch ein heute schon exotisches Kolorit, kaum mehr, in die Tiefe geht das nicht. Aktueller ist das Augenmerk auf verschwundene Kinder, auf potentiell diabolische Stiefväter.

Die Krimihandlung hingegen hat ein zeitlich zu den 60ern passendes Erik-Ode-mäßiges Ende, ein, nein zwei, allzuschöne Mädchen, Unschuld und Tragik. „Mord? … Ich dachte es war ein Unfall?“ - mein Lieblingszitat aus alten Krimitagen. Und damit hat dieses Buch zumindest in diesem Punkt viel gemein mit Jan Seghers’ „Ein allzu schönes Mädchen“. Sind so die Krimis aus Frankfurt, so erfrischend antiqiuert? Da ich Bewohnerin der kleinen, lebendigen Metropole am Main bin, hat das Buch, das mich bisweilen sehr bekannte Straßen lang führte, sicherlich noch einen kleinen Bonus bekommen – hätte es aber bei Ausbleiben sonstiger Qualitäten nicht, dann hätte ich mich eher geärgert.

Kleine lustige Beobachtung: Anne Chaplet ist rothaarig (vermutlich gefärbt) und hat Katzen. In diesem Buch gibt es viele, viele Katzen und wirklich unmäßig viele rothaarige Frauen (gefärbt), auch unter den Statistinnen, ich denke die Zahl rothaariger Frauen in diesem Buch liegt sehr erheblich über ihrem realen Anteil an der Bevölkerung;-))

Freitag, 15. August 2008

Krimispiel im Eis

Anne Holt kündigt in ihrer Widmung zu "Der norwegische Gast" Spielereien an – und in der Tat spielt sie ziemlich mit dem Genre. Mehr als deutlich, dass die Versuchsanordnung dem „Mord im Orient-Express“ folgt – umso besser, dass die Lösung dann doch anders ist, obwohl der krimierfahrene Leser noch kurz in die Irre geschickt werden soll. („Ist es nicht seltsam, dass so viele den Ermordeten kannten“?) Nicht ganz so auffällig ist die Übernahme eines Motivs aus dem vielleicht weniger bekannten „Feng-Shui-Detektiv“ von Nury Vittachi. Auch dort wird mit einem Eiszapfen gemordet – und bereits Vittachi nimmt wie nun auch Holt Bezug auf die Lammkeule Roald Dahls – es geht um Mordwaffen, die nicht sichergestellt werden können, da sie sich auflösen. Nicht auszuschließen, dass es noch sehr viel mehr Zitate gibt, die mir entgangen sind.

Ein Spiel also an der Grenze des Plagierens, die jedoch nie überschritten wird, sondern mit dem deutlichen Erfolg, rund um die Ermittlerin wider Willen, Hanne Wilhelmsen, eine ganz eigenständige Atmosphäre entstehen zu lassen. In der Leseprobe gefiel sie mir gleich mit ihrer ruppigen Art, auf Autonomie bedacht, blitzgescheit und eben der Autonomie wegen etwas misantrophisch. Ihre Distanz zu anderen Menschen muss sie, eingeschlossen mit diesen, langsam aufgeben. Meisterhaft ist dabei, wie der Blick des Lesers auf das immer wieder Mal bizarre Geschehen im Fluchthotel im Norden gebunden wird an die Wahrnehmung der Hanne Wilhlemsen, die zur Passivität verurteilt im Rollstuhl sitzt. So entsteht ein seltsam statischer Tunnelblick, Dinge purzeln plötzlich, kleine Rasereien der Eingeschlossenen finden statt, aber wie Hanne kann der Leser kaum den point of view auf ein Gesamtpanorama richten, scheint vieles nicht wirklich mitzubekommen und muss im Kopf der Ermittlerin, der gegen Ende unter heftiger Koffeinzufuhr nur noch so rattert, Platz nehmen. Das macht einen manchmal richtig nervös und wie Hanne ist man diversen Nebenereignissen skurril-unangenehmer Art ausgesetzt, von denen man nicht weiß, wohin das nun führen soll. Die Atmosphäre sprenkelt immer wieder bedrohliche Segmente in eine ansonsten fast schon friedliche Eiszeitwelt.

Alles in allem ein großartig gemachtes Krimispiel, dessen Titel ich jedoch nicht verstehe.

Samstag, 28. Juni 2008

Literatur für alle!

An manchen Tagen – also jetzt gerade – kann ich mir nicht, oder nur schwer, vorstellen, dass es irgendjemand gibt, der sich aus Literatur nichts macht. Wohlgemerkt: Er oder sie kommen damit in Berührung. Wohlgemerkt: Literatur nicht als ein Kanon und als ein Druck und als Rechtschreibungsdurchführung in Praxis. Wohlgemerkt: Literatur als Erzählen wichtiger Erfahrungen von Menschen.
Ich sehe vor mir die Praxis, mit der ich oft zu tun habe: Jugendliche, die als bildungsfern gelten und die es zum Teil deswegen sind, weil sie die deutsche Sprache nicht sehr gut beherrschen, aber im deutschen Sprachraum leben. Die also vielleicht gar nicht wirklich bildungsfern, sondern gegebenenfalls einfach sprachirritiert und -paralysiert sind. Aber es gibt auch solche, die sind schlicht bildungs- und lernfern aufgewachsen, aber warum sollten diese, wenn etwas gut und spannend erzählt wird, kein Interesse haben? Wirklich literaturfern sind eher die computerversierten und –gesteuerten Karrierenerds, die den intensiven Geruch nach Emotion, den die Literatur nicht abzulegen vermag, wirklich verschmähen. Literatur ist eben vor allem etwas für Menschen, die einen emotionalen Aufruhr ihrer eigenen Erlebniswelt wahrnehmen können. Und vielleicht werden in diesem Punkt die „bildungsfernen“ Jugendlichen sehr unterschätzt, auch in ihrer Bildsamkeit.
Dies alles geht mir durch den Kopf, wo ich gerade nur den Anfang der Lesung von Pedro Lenz beim Vorsingen in Klagenfurt gehört habe, ein für mich, nach diesem Eindrittelanfang brillanter Text, beginnend damit, dass ein Schüler sich aufgrund eines Schlages ins Gesicht eines verhassten Lehrers so ziemlich alles verbaut, was aus ihm hätte… Und da dachte ich, das wäre ein Text, über den man mit den Jugendlichen reden könnte. Pedro Lenz liest in einem etwas schwer verständlichen schwyzgeprägten Deutsch vor, für die Migrant/innen wäre es nicht unbedingt schwerer zu verstehen als das, was sie täglich hören.
Wie auch immer: Dem Protokoll aus Klagenfurt habe ich entnommen, dass der Text von Pedro Lenz bzw. der Autor Pedro Lenz durchgefallen sind bei der Jury, ich muss das jetzt erst Mal zu Ende hören, vielleicht weiß ich dann warum, bisher kann ich mir kaum recht vorstellen warum.

Dienstag, 26. Februar 2008

Der Ton einer Ehe

Ich habe zugelassen, dass er mich beherrscht, und nun kennt er keine andere Möglichkeit, mit mir umzugehen, das wurde Prabha Devi in einem Anflug von Bedauern klar. Daraus kann man eine Lehre ziehen. Eines Tages werde ich meiner Tochter davon berichten. Wie Frauen den Ton einer Ehe festlegen.

"Tochter", werde ich sagen, "bedeute ihm, dass du über die Grenzen deines Heims hinaus unfähig bist, irgendetwas zu tun, und er wird dein Leben regeln, wird Postanweisungen schicken, Scheckhefte führen, Eisenbahnfahrscheine lösen, die Ausgaben des Haushalts einteilen. Er wird dich anfangs hätscheln und verwöhnen, denn schließlich sprichst du den Mann in ihm an, der schützt und behütet. Aber es wird nur eine Frage von Tagen sein, bevor er sich in einen Tyrannen verwandelt, der jeden einzelnen deiner Gedanken zu kontrollieren versucht.
Es gibt eine Alternative. Du könntest versuchen, ihm zu zeigen, wie unabhängig du bist, wie gut du allein zurechtkommst. Aber wenn du dich danach sehnst, in den Arm genommen und liebevoll umsorgt zu werden, dann besteht die Möglichkeit, dass er nicht da ist, weil du ihm immer bedeutet hast, dass du ihn nicht brauchst. Wo ist der goldene Mittelweg? Tochter, ich wünschte, ich wüsste es. Ich wünschte, meine Mutter hätte es mir gesagt, was das Richtige ist. Aber vielleicht hat sie es ja selbst nicht gewusst."


Anita Nair: Das Salz der drei Meere

Mittwoch, 22. August 2007

Sehnsucht

Am Fenster sitzend bei griesgramgrauem Regen, und sich ein Leben vorstellen, das man nicht hat. Das einen auf weite Reisen führen würde – der lap-top als wichtigstes Gepäck, das man überall im Auge behalten müsste. Natürlich auch eine Kamera, die eher vorsichtshalber. An Bildern liegt ihr nicht soviel, das können viele nicht verstehen, aber sie hat alle Bilder in ihrem Herzen. Selbst die beste Kamera könnte dagegen nur unscharfe Bilder liefern. Beim Aufwachen hört sie die Minarette und riecht fremde Gewürze. Sie saugt den Duft eines Meeres ein, das weit entfernt ist. Die Pflanzen und die Tiere, die ihr in dieser frohen Zeit begegnen, wenn sie die Nacht verlassen hat und der Tag noch nicht wirklich zugreift, kommen aus einer anderen Zeit und sind von nie gesehener Schönheit. Auf dem Tisch hingegen liegt, in einer hässlichen, fettigen Tüte verpackt, ein Croissant. Sie hat keinen Hunger. Vielleicht würde sie, lange genug gereist, irgendwo stranden und bleiben. Ein kleines Café eröffnen, mit den Kindern eines fremden Dorfes spielen, als Frau mit dort exotisch heller Haut für sie etwas ganz besonderes sein. Und natürlich würde sie schreiben, am Abend, Geschichten für die Kinder und Nachdenkliches über den Ort, von dem sie kam. Um dann vielleicht doch wieder auf zu brechen. Immer wieder. Die Frauen wären ihr wichtig, die Frauen, die an allen Orten Besonderes leisten und Spezielles wissen, dafür bräuchte sie ihre Kamera, denn Frauen sind so, wie wollen entdeckt und erforscht werden. Eine späte Liebe vielleicht, zu einer Frau womöglich, einer Polin, die Anna heißt. Oder zu einem Mann, einem Reisenden im Leben, der anders wäre, als fast alle. Nicht sicher und nicht bequem, aber klug müsste er sein. Irgendjemand malt Bilder in ihrer Vorstellung, Bilder die mehr ausdrücken als jede Fotografie. Sie wird langsam alt, die braun gebrannten Beine sind schon etwas runzelig, im Gesicht viele fröhliche Fältchen, und auf einem der Bilder entdeckt sie, dass sie dennoch sehr schön geworden ist. Irgendwo hört sie Melodien eines alten Klaviers. Ein freundlicher Friede liegt über einer farbenfrohen Welt. *** Ein Croissant liegt immer noch vor ihr auf dem Tisch. Der Regen hat aufgehört und eine verschmierte, völlig farblose Ansicht vor ihrem Fenster hinterlassen. Sie muss auf die Bank. In ihrem wirklichen Leben ist alles klein und ein wenig ungelebt. Den lap-top hat sie schon und die Bilder im Herzen. Deswegen schmerzt sie auch etwas, das Unbekanntes wagen will und doch nur wartet, bis wieder ein Tag sie erledigt mit seiner Ungenauigkeit.

Das fremde Mädchen

Den Koffer fallen lassen, gleich nach der Grenze. Die Schuhe schnell abziehen und im Sand vergraben. Sie ist eine Flüchtlingsfrau und deswegen über jedes Maß vorsichtig. Am Strand ist weit und breit niemand, der ausgerechnet ihre abgelaufenen russischen Galoschen stehlen würde. Vorsicht bemisst sich aber daran, wie wichtig etwas ist. Dieses Galoschen sind die einzigen, die sie besitzt. Und sie hat sich zudem geschworen, sollte sie jemals in Sicherheit sein, sie für immer auf zu bewahren. Sie will sie an die Wand hängen in einem neuen Zuhause. Und sie einmal irgendwann ihren Enkeln zeigen. Jetzt, jetzt ist es soweit. Sie würde ein neues Zuhause bekommen. Sie würde bestimmt auch Enkel bekommen. Sie rannte auf das fremde Meer zu, ein kaltes Meer wie früher und sie ließ ihre nackten Füße erschauern von einer ersten Welle. Die Welle verband sie mit einem anderen Ufer hochdroben an der Nehrung. In diesem Moment, mit dem Blick auf den diesigen Horizont, fühlte sie die Sicherheit wirklich. So verbunden mit einem Blick in die Ferne, der Punkt ihrer Herkunft, als könnte sie ihn spüren. Die Füße jedoch in einem freien Land, da war sie sicher. Die Mutter hatte sich in dem schmalen Zimmer, das man ihnen zugewiesen hatte, hingelegt. Die Mutter war immer schon eine ausgezeichnete Schläferin gewesen. Das hatte sie gerettet. Bestimmt würde sie jetzt vierzehn Stunden oder noch länger schlafen und sich vorher keinen Deut um ihre neue Umgebung kümmern. Cathryne musste grinsen. Sie hatte alle Zeit sich zu orientieren.

Annike

Sie lebte schon lange auf der Insel. Ganz am hinteren Stück, wo die Welt ein bisschen aufhört und gerade deswegen für sie immer gewiss war. Mit dem Ende der Welt im Blick...
Irgendwann verwandelte sich das bessere Deutschland in das noch bessere. Auch auf der kleinen Insel zog die westliche Welt ein, wenn auch nur langsam. Die Menschen, die hier wohnten, veränderten sich nicht so schnell, wenn sie schon viel gesehen hatten. Und Annike war auch nicht gerade die Jüngste. Sie rieb sich ein wenig die Augen, weil nun andere Menschen auf die Insel kamen, in größeren, schickeren Autos, in edleren Kleidungsstücken. Die ganze Insel wurde etwas bunter, bis es schon zu bunt wurde. Aber die alten Häuser wurden sooo schön renoviert.
Wenn der kleine Jonas zu Besuch kam, von seiner Mama aus Leipzig gebracht, begannen für die alte Annike ein paar Festtage. Es gehörte sich zwar nicht, aber insgeheim war sie ganz froh, dass ihre Tochter alleinerziehend war und so ab und an einfach eine Erholungspause brauchte. Mit Jonas wurde sie wieder jung, sie konnte stundenlang Muscheln sammeln und Holzstückchen. Jonas war ein phantasievolles Kind und gab den Muscheln Namen. Die Holzstücke, die er fand, waren Kähne und Schiffe in seiner Phantasie und er erzählte Geschichten, wo sie herkamen und was sie schon alles erlebt hatten. Dann konnte Annike auch von früher erzählen und Jonas hörte mit sechsjährigen großen Augen und gespitzten Ohren zu.
Wenn sie den Wind und die feuchte Luft lange genug gespürt hatten, alle Taschen mit Muscheln, Steinen und Hölzern bis oben hin gefüllt waren, dann gab es ein großes Eis für Jonas und einen Tee mit Rum für die Oma, die immer ein wenig fror. Eines Tages, als sie auf dem Weg zum Café waren entdeckten sie eine neue Sensation. Da stand ein Verkäufer mit vielen wunderschönen Luftballons. Der Verkäufer war auch schon alt und hatte rabenschwarze Haut. „Guck mal Oma, da gibt es Luftballons aus Afrika“, rief Jonas laut und ganz begeistert. Annike war das etwas peinlich, denn obwohl sie schon alt war und fast nie die Insel verlassen hatte und vorher, in ihrem alten Leben, das kleine Dorf fast nie, in dem sie geboren war, war sie doch in ihrem Herzen eine durch und durch weltoffene Frau, die jeden Menschen achtete. Gerade wollte sie sich schnell entschuldigen, dass ihr Enkel nur so eine schöne Phantasie habe, aber der alte Verkäufer lachte laut und sagte in flüssigem Deutsch zu Jonas: „Aber ja, das hast du gut gemerkt. Diese schönen Ballons kommen direkt aus Afrika, die haben schon so eine weite Reise gemacht. und schau mal, wie gut sie das überstanden haben. Weil sie so schön fliegen können, deswegen.“ Jonas hüpfte von einem Bein aufs andere, ganz aufgeregt. „Und du, kommst du auch aus Afrika?“ „Nein, nein“ sagte der alte Mann, „mein Papa kam aus Afrika, und weil ich mich deswegen mit Afrika ein wenig auskenne, stehe ich morgens auf dem Balkon und die schönen Luftballons fliegen direkt zu mir und ich muss sie nur noch auffangen.“ Auf Annikes Gesicht war ein schönes Lächeln erschienen, das gar nicht mehr verschwinden wollte. Sie kramte in ihrer Geldbörse. „Was kostet denn so ein Ballon?“, fragte sie, „Ich denke Jonas möchte sehr gerne einen haben.“ „Oh ja, er soll sich einen aussuchen, vielleicht finden wir raus, welcher Ballon die weiteste Reise gemacht hat, der ist dann für ihn. Aber von Ihnen nehme ich kein Geld, gnädige Frau, sie haben mir schon so ein schönes Lächeln geschenkt, so schön...“ Er schaute sie lange an und Annike wurd ganz komisch. „Aber..., doch....“, sie wehrte ab. „Nein, das geht nicht“, sagte er jetzt listig, „weil ihr Enkel doch ein Afrikafachmann ist. Noch nie hat jemand erraten, wo die Ballons wirklich herkommen. Er hat sich einen redlich verdient.“ Und Jonas suchte sich den buntesten Luftballon aus und der alte Mann bestätigte ihm, dass er es genau richtig gemacht habe. Dieser Ballon kam ganz aus dem Süden, hatte den Äquator überquert und war von der Wüstenhitze und dann vom türkisfarbenen Meer immer bunter geworden. „Weißt du, wenn man viel erlebt, dann wird man immer bunter und schöner, so wie deine Oma, die hat ein ganz buntes Herz.“ Jonas sagte altklug: „Das weiß ich“ – und drückte sich dabei an Annike und den Ballon an sich. Er war stolz und glücklich.
Als sie dem Luftballonverkäufer auf Wiedersehen sagten, legte er seine Hand kurz auf Annikes Arm. „Das möchte ich mir wünschen“, sagte er, „dass wir uns bald Wiedersehen.“
Annike und Jonas merkten erst Zuhause, dass sie das Eis und den Tee vergessen hatten. Aber da klingelte such schon das Telefon und Jonas konnte seiner Mama aufgeregt berichten. Als Annike aus der Küche kam, hörte sie gerade noch wie er sagte: „Und die Oma muss jetzt auch nicht mehr traurig sein, weil der Opa auf dem Bild tot ist. Ich glaube, ich habe jetzt bald einen neuen Opa, der ist außen schwarz und hat innen ein ganz buntes Herz.“ Annike schnappte den kleinen Racker und versuchte schnell bei ihrer Tochter alles richtig zu stellen.
Richtig? Als sie im Bett lag, hatte sie das Gefühl schon lange nicht mehr sooo glücklich gewesen zu sein. Aber sie war doch nicht verliebt!?

Montag, 26. März 2007

Ach ja...

genau so war´s.

via

Dienstag, 20. März 2007

Es geht um Mädchen

Ein seltsames Leseerlebnis habe ich tatsächlich mit Malin Schwerdtfegers Café Saratoga. Irgendwann gekauft, mit voller Absicht, nicht wie so manches Buch, das im Laden in die Hand schlüpft, weil es vielverprechend schon zum Sprung angesetzt hat. Dieses Buch rief nach mir in irgendeiner Werbung und allein, dass es auf Hel spielt, jener letzten polnischen Landzunge vor dem endgültigen Osten, reichte aus. Und natürlich wurde das Buch auch gelobt - in der Werbung.

Damals begann ich zu lesen und verhedderte mich, es sprach mich nicht richtig an, das Erzählte, der Stil. Nun habe ich es wieder zur Hand genommen - und aller Skepsis zum trotz ein wunderbares Buch gelesen. Poetisch und großartig. Und da bilde ich mir fast ein, ich selbst sei in der Zwischenzeit auch poetischer und großartiger, differenzierter und bestimmter geworden. Alles auf einmal. Und alles auf einmal ist jedenfalls dieses Buch.
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k und k (Gast) - 21. Mär, 21:57

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