Das Prinzengericht

Ich sitze auf meiner Wiese vor dem See und erwarte meinen Ratgeber, den meinen.

Erst kommt ein Wesen aus dem See gestiegen, nass und verzottelt, mit Narrenkappe und verschmierten, feuchten Kleidern. Graubraun und tropfend scheinen lange Rastahaare an seinem Gesicht runterzuhängen. Er - es ist ein junger Er - scheint immerhin ungetrübt gute Laune zu haben. Da er meine Irritation bemerkt, zieht er seine runtergekommene Kleidung aus und darunter erscheint ein einteiliger Anzug, ganz in einem hellen und leuchtenden Türkiston, die Narrenkappe ist auch Türkis. Er ist schön und glänzend geworden, ein adliger Clown oder närrischer Prinz. Aber er kann sich nicht auf mich konzentrieren, zappelt ständig, schlägt quirlige in sich selbst verschlungene Purzelbäume, wie ein aufgedrehtes Knäuel vibriert er vor meinen Füßen.
Ich muss meine Augen wieder schließen, und auf einen Ratgeber hoffen, der auch mit mir spricht und klar erkennbar ist, und mich nicht so beharrlich und sich steigernd veralbert, wie dieser hier.

Er kommt, wie sooft, auf einem Pferd geritten, steigt schwungvoll und elegant, eben als meisterhafter Reiter und Bote, von seinem braunen Pferd und hält die Rolle aus Pergament, die königliche Postille, in der Hand, entrollt sie und liest. „Die königliche Postille sagt, Du sollst mitkommen mit mir. Ich bringe dich zum Gericht.“
Ich erschrecke ein wenig, ein wenig über das, was mein eigenes Inneres mir da mitteilt, weiß es ist mein Eigenes, das mich da in ein Bild und eine Situation stellt, so schlimm kann es nicht werden, ich muss vertrauen - und mitgehen sowieso - auch wenn ich ein wenig furchtsam bin.
Ich folge dem Boten und an einer Lichtung ist das Gericht aufgebaut, ich setze mich auf einen weinrot bezogenen Stuhl davor.

„Dies ist das Gericht für Dich “ höre ich. Und meinen vollen Namen.
„Wie bist Du gewesen?“ fragt man mich. Ich höre meine eigene Stimme antworten:
„Kompliziert und widerspenstig,
realitätsgerecht und vernünftig,
verwirrt und klar,
langsam und schnell.“
Bei den ersten Worten erschrecke ich noch, fühle mich durch meine eigenen Worte bloßgestellt. Dann wird mir plötzlich wohler beim Sprechen.
„Was muss sich daran ändern?“ fragt mich die richterliche Stimme, ohne, dass ich wirklich einen Richter sehe. „Nichts“ antworte ich. Beruhigung ist in mir, Deutlichkeit. Das Gras zu meiner Rechten und Linken ist unendlich grün.
„Das Gericht verkündet den Preis für Dich“ heißt es. „Sie bekommt den Sommer.“
Der Sommer, so gibt man mir zu verstehen - der freundliche Bote ist wieder im Einsatz - beginnt hinter der Lichtung, ein großer Rasenplatz, grün, sonnenbeschienen.
Der Sommer ist keine Jahreszeit, sondern ein Ort, der mir geschenkt wird, Mein Urteil, mein Preis, meins. Ich habe Glück gehabt.
Sie wollen mich dahingeleiten. Plötzlich frage ich: „Und was ist mit Hans?“ „Der kommt mit“, antwortet der Bote. Tatsächlich kommt Hans, froh und gelassen hinter einem der Bäume, die am Weg zur Sommerwiese stehen, hervor. Er umarmt mich: „Ich habe auf dich gewartet.“ Zusammen gehen wir zu unserem SOMMER.
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